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Dr. Juan Rosello (Foto: Jana Dünnhaupt / Uni Magdeburg)
04.02.2021 aus 
Forschung + Transfer
Fasziniert von der Lösung

Mit einem Alexander-von-Humboldt-Stipendium ist derzeit Dr. Juan Rosello aus Argentinien zu Gast bei Prof. Dr. Claus-Dieter Ohl am Institut für Physik der Fakultät für Naturwissenschaften. Immer wieder kommen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen dank eines Stipendiums an die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Die Alexander-von-Humboldt-Stiftung unterstützt mit diesem Stipendium Postdoktoranden und erfahrene Wissenschaftler aller Fachgebiete bei ihren Forschungsvorhaben in Deutschland. Ein Stipendium der Stiftung gilt als hohe Auszeichnung sowohl für die Geförderten als auch die Gastgeber. Ines Perl sprach mit Dr. Rosello über seine Forschung, seine Ziele und Magdeburg und darüber, was es für ihn bedeutet, ein Humboldtianer zu sein.

 

Woher kommen Sie und was haben Sie bis jetzt gemacht?

Ich komme aus dem argentinischen Patagonien in Süd-Amerikas. Ich habe Physik studiert und nach meinem Diplom auch promoviert. Meine Promotion schloss ich 2015 ab. Seitdem habe ich als Posdoc geforscht. Zuerst in Argentinien, aber 2018 bin ich nach Göttingen gezogen und Anfang 2020 dann nach Magdeburg.

Wie sind Sie an die Universität Magdeburg in die Arbeitsgruppe von Professor Ohl gekommen?

Als ich mich entschloss, eine Förderung bei der Humboldt-Stiftung zu beantragen, brauchte ich einen deutschen Gastgeber. Professor Ohl wurde mir von einem Kollegen an der Universität Göttingen empfohlen.

Für wie lange werden Sie in Magdeburg forschen?

Ich habe eine Posdoc-Stelle, um bis Ende des Jahres hier in Magdeburg sein zu können. Danach weiß ich noch nicht. Eine Möglichkeit ist auch, länger zu bleiben.

Was bedeutet es für Sie, ein Teil der Humboldt-Familie zu sein?

Die Humboldtianer sind hervorragend. Sie wissen, wie schwer es sein kann, in einem fremden Land zu sein, und sie arbeiten hart daran, dass Sie sich zuhause und mit anderen Menschen verbunden fühlen. Die Konferenzen und Aktivitäten im Allgemeinen sind gut organisiert. Der Kontakt ist persönlich und das macht den Unterschied aus. Man merkt wirklich, dass jeder für sie zählt, dass man nicht nur ein Name in einer Personalakte ist.

Wie würden Sie einem Laien Ihre Forschung erklären?

Nun, ich arbeite mit Blasen. Diese Gashohlräume haben einzigartige und sehr interessante Eigenschaften, wenn sie mit Schallfeldern, verschiedenen Oberflächen oder sogar anderen Blasen interagieren. Was wir dann tatsächlich untersuchen, ist das nichtlineare Verhalten der Blasendynamik. Wenn eine Blase aus einem expandierten Nicht-Gleichgewichtszustand kollabiert, entstehen hohe Druckstellen innerhalb der Blasen oder an den Grenzflächen. Der Druck ist so hoch, dass das Gas im Inneren der Blase Tausende von Grad erreichen und ein Plasma bilden kann, oder es kann harte Materialien wie Stahl brechen, wenn es sich nahe genug an der Oberfläche befindet. Diese extremen Bedingungen erzeugen auch verschiedene chemische Reaktionen, die die Zusammensetzung der Flüssigkeit um die Blasen herum verändern können.

Welchen Nutzen hat Ihre Forschung für die Gesellschaft?

Überraschenderweise können einfache Blasen wie die in einem Glas mit Sprudelwasser in einer Vielzahl von Studien verwendet werden, die von der Grundlagenphysik wie die Sonolumineszenz, also wenn Flüssigkeiten unter starken Druckschwankungen ultrakurze Lichtblitze aussenden, bis hin zu industriellen Anwendungen wie die Hohlraumzersetzung oder die sonochemischen Behandlung von Flüssigkeiten reichen.

Was finden Sie an Ihrem Forschungsgebiet so spannend?

Ich mache maßgeschneiderte Experimente. Das bedeutet, dass ich jeden Tag Wege finden muss, um Lösungen für unterschiedliche Probleme zu implementieren. Manchmal kann es sein, dass ich einen Code programmieren muss, um eine Videoanalyse zu automatisieren oder am nächsten Tag eine Maschine für einen bestimmten Zweck entwerfe und konstruiere. Da wird mir nie langweilig bei der Arbeit!

Warum forschen Sie in diesem Bereich?

Als ich mit meinem Diplom fertig war, suchte ich nach einem Thema für meine Doktorarbeit. Ich hörte von einem Ort in Patagonien, an dem ein Experiment durchgeführt wurde, bei dem Schall in Licht umgewandelt und eine „kleine Sonne“ in einem Tischgerät erzeugt werden kann. Das hat mich einfach umgehauen. Ich hatte das Gefühl, dass es eine Art moderne Alchemie gibt. Jetzt habe ich das spezifische Thema gewechselt, aber die Leidenschaft für Blasen ist geblieben.

Was möchten Sie erreichen?

Nachdem ich viele Jahre physikalische Grundlagenforschung betrieben habe, möchte ich in 10 oder 20 Jahren etwas mit einer möglichen Anwendung machen.

Welche Erkenntnis hat Sie bis jetzt am meisten überrascht?

Ich kann mich nicht für eine einzelne entscheiden. In der Regel bin ich von jedem Ergebnis überrascht, das durch das Denken über den Tellerrand hinaus erzielt wird. Wenn die Idee hinter dem Projekt elegant und klug ist. Die Art und Weise, wie Menschen die Lösung für ein Problem finden, ist manchmal interessanter als das Ergebnis selbst.

Welchen Nutzen erhoffen Sie sich von der Forschung in der Gruppe von Professor Ohl für Ihre eigene Karriere?

Professor Ohl hat viel Erfahrung in der Experimentalphysik. Das ist für mich entscheidend, da ich neue experimentelle Techniken erlernen und meine Arbeitsweise verbessern kann. Die Ausstattung in Professor Ohls Labor macht ebenfalls einen großen Unterschied, da ohne die richtigen Werkzeuge die Möglichkeiten, was ich erreichen kann, drastisch eingeschränkt sind. Der Idealfall für mich wäre, eine beträchtliche Anzahl von Ergebnissen und Publikationen zu erreichen, um einen Sprung in meinem Forscherprofil zu machen. Das würde mir erlauben, eine längerfristige Position in der Wissenschaft anzustreben und endlich etwas Stabilität in meinem Leben zu erreichen.

Wie war der Beginn Ihrer Forschungsarbeit in Magdeburg während der Corona-Pandemie?

Das war nicht gut. Die Pandemie begann gerade, als ich nach Magdeburg zog. Da fand ich mich allein in einer fremden Stadt inmitten dieser Situation wieder. Die ersten Monate waren nicht leicht zu verkraften, aber jetzt habe ich gute Freunde, und es geht mir viel besser. Beruflich hat sich die Pandemie sehr negativ auf meine Forschung ausgewirkt und das tut sie immer noch. Die Labore waren für einige Zeit geschlossen oder mit eingeschränktem Zugang, und auch die Angst krank zu werden, beeinflusst die Art und Weise, wie ich mit Kollegen interagiere und die gemeinsam genutzten Laborräume nutze.

Was gefällt Ihnen an der Universität?

Um ehrlich zu sein, habe ich noch an keinen Aktivitäten teilgenommen, die von der Universität veranstaltet wurden und ich habe nicht erkundet, was die OVGU zu bieten hat. Daher ist es schwer, etwas darüber zu sagen. Ich war positiv überrascht, wie groß die Universität ist. Bemerkenswert ist, dass man sieht, wie viele Leute daran arbeiten, einen hohen Qualitätsstandard zu erreichen, auch wenn einige Teile der Infrastruktur noch „modernisiert“ werden. 

Wie gefällt es Ihnen in Magdeburg?

Magdeburg ist eine sehr schöne Stadt zum Leben! Ich liebe die Natur rundherum, all die Seen und die Parks sind wunderschön. Es ist eine bevölkerungsreiche Stadt mit vielen kommerziellen und kulturellen Möglichkeiten, aber es fühlt sich wie ein sehr angenehmer Ort an, nicht so überfüllt oder laut. Es gibt viele Freiflächen und schöne Orte, an denen man spazieren gehen oder an Aktivitäten teilnehmen kann, die von der Stadt veranstaltet werden.

 

Vielen Dank für das Gespräch.

Autor:in: Ines Perl