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07.08.2020 aus 
Campus + Stadt
242.000 Bäume für Magdeburg

Magdeburg zählt zu den grünsten Städten Deutschlands. Mit dem Rothehorn-, Elbauen- und Herrenkrugpark haben wir drei große grüne Oasen, in denen wir uns entspannen und Kraft tanken können. Nach dem Vorbild der Dresdner Initiative "Mein Baum, mein Dresden" hat es sich eine Gruppe von Magdeburgerinnen und Magdeburgern zur Aufgabe gemacht, die Landeshaupt Sachsen-Anhalts noch mehr zu begrünen und die Aktion "Otto pflanzt" ins Leben gerufen - darunter auch Hartwig Haase vom Institut für Logistik und Materialflusstechnik der Fakultät für Maschinenbau. Im Interview sprach er über die Aktion, sein persönliches Engagement und wie auch unser Campus grüner und nachhaltiger werden kann.

Team der Ökosozialen Hochschultage der Uni MagdeburgHartwig Haase (6. v.l.) und das Team der Ökosozialen Hochschultage. (Foto: Marie Fröhlich)

Was möchten Sie mit der Aktion bewirken? 

Wir möchten der mangelhaften Entwicklung des Stadtgrüns in Magdeburg entgegenwirken und für jede*n Magdeburger*in einen Baum pflanzen - also insgesamt 242.000 Bäume in Magdeburg. Dabei möchten wir nicht allein Bäume pflanzen, sondern Stadtgrün ökologisch komplexer mit Gehölzen und Blühwiesen denken und anlegen. Dafür arbeiten wir mit den Initiativen Klimabonus e.V. und Bienenweide e.V. und regionalen Experten zusammen.

 

Wie ist die Idee entstanden?

Initiator der Aktion ist Steffen Tilsch nach dem Vorbild der Dresdner Initiative "Mein Baum, mein Dresden", der die Idee im November 2019 bei einer Demo auf dem alten Markt vorgestellt hat. Mittlerweile sind wir 17 auf der Plattform registrierte mehr oder weniger Aktive. Wir verstehen uns als Team von bewusst organisations- und parteiunabhängigen Bürgern aus und um Magdeburg, die der Umwelt und ihren Bewohnern etwas Gutes tun wollen. Ich selbst hatte mich vorher bereits im Bündnis Baum Sachsen-Anhalt engagiert, das aber nicht fortgeführt wurde, und fand die Idee und das Team gut.

 

Magdeburg zählt bereits zu den grünsten Städten Deutschlands – warum brauchen wir noch mehr Bäume? 

Gerade in den letzten Jahren sind in und um Magdeburg viele tausend Bäume gefällt worden. Flächenversiegelungen durch Bauprojekte und das extreme Wetter der letzten Jahre haben dem Bestand arg zugesetzt. Für das Domviertel sind zum Beispiel zwei gut 120 Jahre alte Bäume gefällt worden. Auch Schädlinge wie der Asiatische Laubholzbockkäfer hatten es dann leicht, schon angeschlagene Bäume anzufallen, was zu weiteren Fällungen führte. 

Der Eigenbetrieb Stadtgarten & Friedhöfe hat leider ein zu geringes Budget, um mehr Grün anzulegen und vor allem dann auch zu pflegen. Auch Auflagen für Ersatz- und Ausgleichspflanzungen werden aus Kapazitätsgründen nicht konsequent durchgeführt und kontrolliert.

 

Wie könnte unser Campus grüner und nachhaltiger werden?

Es fängt schon damit an, dass wir alle mal über unsere Mobilität nachdenken sollten und über Alternativen zum Pkw. Ich rede hier von Bequemlichkeit, nicht von Notwendigkeit. Dann könnten viele versiegelte Flächen auf dem Campus Grünflächen und Aufenthaltsräume werden. Selbst für die (restlichen) parkenden Autos wären Schattenspender hilfreich.

Anfänge gibt es, zum Beispiel durch die Bienenweide am Gebäude 18 und den Uni-Garten "Magdegrün". Bei den Ökosozialen Hochschultagen hatten wir mal versucht, einen Kräuter-Campus anzulegen. Insgesamt fördern wir hiermit auch die Biodiversität auf dem Campus. Aus meiner Sicht sollte unbedingt die fachliche Leitung der Uni-Gärtnerei wieder besetzt werden - die Gärtnerei gänzlich auszusourcen halte ich für nicht zielführend.

 

Wo auf dem Campus würden Sie am liebsten Bäume pflanzen?

Auch wenn ich mir damit nicht nur Freunde mache: Auf 50 Prozent aller Parkplätze. Es müsste ein Gesamtkonzept für einen grüneren Campus mit mehr Aufenthaltsqualität geben, einen partizipativen Prozess, der durch das Nachhaltigkeitbüro bereits angestoßen wurde - wir haben einen Ideenkasten für die Campusgestaltung ins Leben gerufen, an dem sich alle beteiligen können. In Randbereichen könnte ich mir gut einen Alumni- oder Emeriti-Wäldchen vorstellen. Die Hochschule Magdeburg-Stendal denkt darüber nach, warum nicht auch die Universität?

 

Sie engagieren sich auch im Nachhaltigkeitsbüro der OVGU. Warum?

Ich sehe die Universität in ihrer gesellschaftlichen Verantwortlichkeit und Vorbildfunktion, nicht nur aber auch für eine kommende Generation von Entscheidungsträger*innen in Wirtschaft, Politik und Verwaltung. Ich wünsche mir ein klar definiertes und ambitioniertes Ziel für eine klimaneutrale Universität. Keine schwammige Formulierung wie "Schadstoff- bzw. Treibhausgasemissionen minimieren. Letztere langfristig mit dem Ziel der Neutralität" wie im Ziel U2 der Nachhaltigkeitsstrategie der Uni Magdeburg. Ich möchte kein Energiekonzept 2020 ohne Berücksichtigung jeglicher regenerativer Energieumwandlung.

 

Was hat das Nachhaltigkeitsbüro bereits auf dem Campus bewegt?

Wir haben eine vom Senat verabschiedete Nachhaltigkeitsstrategie, die partizipativ in mehreren Schritten mit allen Statusgruppen diskutiert und gestaltet wurde. Dieser Prozess hat in der ersten Fassung eine sehr viel konkretere Zielsetzung angestrebt. Trotz einer langen Pause bei der Nachbesetzung der Koordinatorin sind die Diskussionen zum Thema Nachhaltigkeit durch das Nachhaltigkeitsbüro angestoßen worden und müssen weitergeführt werden. Die Ziele der Nachhaltigkeitsstrategie sind nun nach Maßnahmenkatalog Schritt für Schritt umzusetzen. Nachhaltige Veränderungen zu erreichen, ist ein mühsamer und zäher Prozess gegen die "Massenträgheit", gegen etablierte Meinungen und sich verteidigende Autoritäten und braucht die Unterstützung aller Statusgruppen! Das Nachhaltigkeitsbüro wirkt hier übrigens nicht nur intern auf dem Campus, sondern vertritt die Uni Magdeburg auch in der Region und im Netzwerk der um Nachhaltigkeit bemühten Hochschulen in Europa.

 

Warum liegt Ihnen Nachhaltigkeit persönlich am Herzen?

Eine Studentin hatte mal in einem Workshop auf diese Frage sinngemäß geantwortet: Aus dem Glück, in dieser wohlhabenden Gesellschaft geboren zu sein, sieht sie die Verpflichtung, sich für andere einzusetzen, die weltweit gesehen dieses Glück nicht hatten. Damals dachte ich "Mädel, Du kannst Dir nicht die Verantwortung für alles Schlechte auf der Welt auf Deine Schultern laden!" Jetzt sage ich: "Mir geht es gut, ich habe alles, was ich für ein gutes Leben brauche, ich habe Glück gehabt! Wer, wenn nicht ich!"

Vielleicht ist es Gerechtigkeitssinn und der Glaube, dass Kooperation die treibende Kraft ist und nicht die Konkurrenz eines Homo Oeconomicus. Man kann diese Verantwortung auch unter dem Aspekt der Selbstwirksamkeit als Aufgabe sehen. Und wem das nicht reicht: Man lernt wirklich coole Leute kennen, es ist anregend und macht Spaß!

 

Wie können sich Magdeburgerinnen und Magdeburger an der Aktion beteiligen?

Wir suchen natürlich Unterstützer*innen, die uns mit Spenden zum Beispiel über StartNext oder direkt weiterhelfen. Wir suchen aber derzeit vor allem größere Brachflächen in Magdeburg, die wir mit Setzlingen bepflanzen können. Hier sind vor allem auch Magdeburger Unternehmen angesprochen, die ungenutzte Randflächen begrünen wollen. Es gibt viel organisatorische Arbeit und weitere Aktive sind herzlich willkommen, nicht nur zu den Pflanzaktionen, die Ende Oktober / Anfang November starten sollen.

Wir würden uns auch freuen, wenn unsere Initiative und die Kampagne im Bekanntenkreis und in den Netzwerken weiter bekannt gemacht wird. Kontakt am besten über  

Autor:in: Ina Götze