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16.06.2025 aus 
Campus + Stadt
"Integration lebt vom Austausch"

„Wenn ich ehrlich bin, dachte ich zuerst, dass ich nach Marburg gehen würde, nicht nach Magdeburg“, lacht Luiza Sant Anna Düsedau. Die gebürtige Brasilianerin kam 2016 im Rahmen des Praktikumsprogramms der AIESEC nach Deutschland – und landete in Magdeburg. „Erst ein Monat vor meiner Ankunft habe ich bemerkt, dass ich die Städte verwechselt hatte. Aber ich war sofort positiv überrascht.“

Die 33-Jährige, die ursprünglich aus einer kleineren Stadt in Brasilien stammt, fühlte sich in Magdeburg sofort wohl – insbesondere an der Elbe. „Hier kann man sich gut entwickeln und hat die Gelegenheit, viele Menschen kennenzulernen“, sagt sie. Der interkulturelle Austausch und das Kennenlernen unterschiedlicher Perspektiven sind auch die Grundlage ihrer Arbeit an der Universität Magdeburg.

Seit 2024 ist Luiza im internationalen Career Service tätig, wo sie sich besonders um das neu entwickelte Karrierezertifikat für internationale Studierende kümmert. Im Rahmen eines DAAD-geförderten Projekts hilft sie den Studierenden, zusätzliche Qualifikationen zu erwerben, die ihnen den Übergang in den deutschen Arbeitsmarkt erleichtern sollen.

„Mein erster Auftrag war es, die Ausgangslage zu analysieren: Wo stehen die Studierenden, was fehlt ihnen?“, erzählt sie. Auf dieser Basis wurden verschiedene Maßnahmen entwickelt, die den Studierenden helfen sollen, ihre Sprachkenntnisse zu verbessern und ihre interkulturellen Kompetenzen auszubauen. Seit März 2025 gibt es nun regelmäßig Deutschkurse sowie Angebote zur Weiterentwicklung sozialer und kultureller Fähigkeiten. Zudem sind Exkursionen und eine Summer School geplant, in denen Studierende netzwerken und sich auf den Berufseinstieg vorbereiten können.

„Mein Alltag besteht also viel aus Projektbetreuung, der Optimierung bestehender Maßnahmen und interner Vernetzung“, erklärt Luiza. Sie arbeitet eng mit dem Studentenwerk, dem International Office, den Fakultäten und auch dem Rektorat zusammen, um die Angebote für internationale Studierende kontinuierlich zu verbessern. „Es geht viel darum, zu prüfen: Was fehlt noch? Wo können wir uns weiterentwickeln?“

Die größte Herausforderung, die Luiza bei ihrer Analyse der Situation internationaler Studierender festgestellt hat, ist die Sprachbarriere. Viele Studierende, die aus nicht-deutschsprachigen Ländern kommen, haben Schwierigkeiten, die geforderten Sprachkenntnisse für den deutschen Arbeitsmarkt zu erreichen – oft liegen ihre Sprachkenntnisse unter den Anforderungen der Unternehmen. „Es wird ihnen oft vorgeworfen, sie würden sich nicht integrieren wollen, aber das stimmt nicht. Die Hürden sind einfach hoch: bürokratisch, sozial, finanziell“, erklärt Luiza.

Viele Studierende müssen während ihres Studiums Geld an ihre Familien schicken, und auch die Wohnungssuche sowie das Sperrkonto für das Visum stellen zusätzliche Belastungen dar. „Was oft fehlt, ist eine Ansprechperson, bei der man ehrlich sagen kann: ‚Ich brauche Hilfe‘“, erklärt sie.

Der interkulturelle Austausch ist auch ein wesentlicher Bestandteil dessen, was Luiza an ihrer Arbeit besonders schätzt. „Ich habe mich schon immer für Kulturen interessiert – es fasziniert mich, Neues kennenzulernen“, erzählt sie. Das interkulturelle Verständnis fördert ihrer Meinung nach die Integration, die für sie nicht bedeutet, sich komplett neu zu erfinden, sondern „zu schauen, was man aus seinem eigenen Alltag kennt und wie man das hier weiterführen kann.“

Neben dem Karrierezertifikat für internationale Studierende hat Luiza noch viele weitere Ideen in petto. Die monatlichen Treffen, bei denen Studierende ihre Erfahrungen austauschen können, gehören ebenso dazu wie der Austausch mit Unternehmen und Praktikumsmöglichkeiten. Ein weiteres Highlight sind Veranstaltungen wie „Jobs here“, bei denen internationale Studierende mit Unternehmen in Kontakt treten können, um sich beruflich zu orientieren.

Die Teilnahmebereitschaft der Studierenden ist hoch. „Wir haben mit 25 Studierenden begonnen, und 19 sind sehr engagiert“, freut sich Luiza. Das positive Feedback bisher motiviert sie, das Projekt kontinuierlich weiterzuentwickeln. „Wir holen uns auch Feedback, um das Programm zu verbessern und besser auf die Bedürfnisse der Studierenden einzugehen.“

Für Luiza ist die Universität Magdeburg ein Ort der Vielfalt und der Begegnungen. „Die Uni ist bunt, kreativ und ein Raum für Austausch“, beschreibt sie ihre Eindrücke. Sie selbst hat hier nicht nur beruflich, sondern auch persönlich viel dazugelernt und sich gut vernetzt.

Zukünftig möchte sie ein Programm entwickeln, das internationale Studierende besser auf das Leben in Deutschland vorbereitet – ähnlich einem „Deutschland 1x1“, das eine Einführung in die deutsche Kultur und Lebensrealität bietet. „Viele internationale Studierende kommen hier an, ohne zu wissen, was sie erwartet. Sie haben oft keine Wohnung und kennen die Abläufe nicht“, erklärt sie. Mit Unterstützung des International Office und anderer Akteure hofft sie, dieses Projekt ins Leben zu rufen, um die Integration von Studierenden noch besser zu fördern.

 

Autor:in: Lisa Baaske