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12.02.2021 aus 
Forschung + Transfer
Durch Corona ausgebremst

Aus einem Tüftler-Gedanken wurde ein Produkt, das nachhaltig und mit viel Liebe fürs Detail gestaltet ist. Finn Süberkrüb und Markus Rothkötter haben 2019 gemeinsam mit dem Unternehmer Frank Sporkenbach sowie den Industriedesignern Björn Kokoschko und Martin Wiesner beim Landeswettbewerb BESTFORM den zweiten Preis für ihren Fahrrad-Anhänger gewonnen. Dieser passt an jedes Fahrrad, kann zusammengeklappt und auf dem Gepäckträger befestigt werden. Mit dem „Kofferraum fürs Fahrrad“ können Lasten bis zu 40 Kilo transportiert werden, dank einer kompatiblen Tasche auch bei schlechtem Wetter.

Das Team von Trenux_von links Markus Rothkötter, Finn Süberkrüb, Martin Wiesner, Björn Kokoschko (c) Trenux GmbHMarkus Rothkötter, Finn Süberkrüb, Martin Wiesner, Björn Kokoschko (Foto: Trenux GmbH)

Die Idee dafür ist den beiden Absolventen der Otto-von-Guericke-Universität (OVGU) bei einem Radausflug gekommen – weil ihr Anhänger den Geist aufgegeben hatte. Aus den einstigen Mechatronik-Studenten wurden Unternehmer. „Trenux“ heißt die Fahrrad-Innovation aus Magdeburg und zugleich das Start-up. Die erste Produktion des Anhängers finanzierten die Fahrrad-Enthusiasten mit einer Crowdfunding-Kampagne. Doch dann kam Corona und stoppte die Fahrt auf der Überholspur. Wie die OVGU-Absolventen und BESTFORMer die Zeit erlebt haben, warum sie trotzdem positiv in die Zukunft blicken, und was sie anderen kreativen Köpfen raten, erzählt Markus Rothkötter im Interview.

Ihr wurdet 2019 mit dem zweiten Preis beim Landeswettbewerb BESTFORM ausgezeichnet. Wie ist es danach mit dem Projekt und mit euch weitergegangen?

Als wir die Auszeichnung bekamen, waren wir mitten in unserer Crowdfunding-Kampagne für die ersten Anhänger. Es hatten sich genug Unterstützende gefunden, die den Anhänger spannend fanden und die Kampagne ist sehr erfolgreich ins Ziel gelaufen. Danach haben wir letzte technische Änderungen vorgenommen und die Produktion mit unseren Zulieferern festgezurrt.

Welche Erfahrungen konntet ihr aus eurem Studium an der OVGU ins Start-up einbringen?

Es hilft ungemein, ein fundiertes Grundwissen mitzubringen. Mechatronik ist ein sehr interdisziplinärer Studiengang, bei dem man lernt, Zusammenhänge zwischen verschiedenen Bereichen zu sehen und Fragestellungen methodisch anzugehen. Die Praxis ist etwas anderes als die Theorie, aber die Notizen aus der BWL-Vorlesung oder Technischer Mechanik haben wir trotzdem oft zu Rate gezogen. Die OVGU hat mit dem Transfer- und Gründerzentrum (TUGZ) super Möglichkeiten für Gründungsinteressierte. Wir haben damals die ,Start-up School‘ besucht. In der Praxis läuft es dann manchmal zwar anders als geplant, aber wir hatten durch das TUGZ viele Begriffe und Konzepte schon einmal gehört, sodass wir wussten, wo wir nach Lösungen suchen konnten. Also, die ,Start-up School‘ war echt sinnvoll.

Welche Auswirkungen hatte Corona im Jahr 2020 auf eure Arbeit?

Ende 2019 hatten wir rosige Aussichten: Unsere Crowdfunding-Kampagne war erfolgreich gelaufen, ein Fernsehauftritt vor Millionenpublikum im Frühjahr 2020 war in Aussicht, und wir hatten einige neue Ideen im Kopf. Wir hatten zwar eine Verzögerung für die Auslieferung durch Konstruktionsänderungen, das wäre aber nicht weiter problematisch gewesen. Leider wurden dann jedoch durch Corona alle Fabriken für die Bauteile, die aus Asien kommen sollten, geschlossen und Messeauftritte, in die wir bereits investiert hatten, gestrichen. Ab dieser Zeit hieß es für uns, permanent die Risiken abzuwägen, um unser Versprechen gegenüber den Unterstützenden einzulösen. Die Ressourcen für andere, neue Ideen sind vollständig in die Sicherstellung der Auslieferung geflossen. Teilweise mussten wir sogar neue technische Lösungen finden, weil die veränderte Zulieferersituation die bisherigen unmöglich gemacht hat. Nach dem Sommer kamen dann endlich die Lieferungen und es hieß mehr als 60.000 Bauteile selbst zu montieren. Da der Prozess komplett neu geplant werden musste, war das eine echte Herausforderung.

Wie haben eure Unterstützerinnen und Unterstützer auf die Verzögerungen reagiert?

Wir haben alle Neuigkeiten stets an die Unterstützenden weitergegeben. Es ist nach wie vor unglaublich, wie viel Zuspruch wir bekommen haben und wie geduldig alle auf ihre Anhänger gewartet haben.

So mit den Erfahrungen im Gepäck – was würdet ihr heute anders machen als beim Unternehmensstart?

Ganz klar: Wir würden von Anfang an alle Abläufe dokumentieren und standardisieren. Das klingt jetzt nach einem festen Korsett, das ist es aber gar nicht. Man kann und sollte regelmäßig die Abläufe überprüfen und entsprechend verbessern. Sie werden so eine große Hilfe, um sich zu fokussieren und effektiv zu sein. Jeder fokussiert sich dann auf das, was er am besten kann. Und: Man sollte keine Angst haben, auch einmal Aufgaben extern abzugeben, allein um zu vermeiden, dass man einige Arbeiten doppelt macht.

Wie soll es mit ,Trenux‘ als Unternehmen und Produkt weitergehen?

Hinter uns liegt die erste große Auslieferung, das ist ein Erfolg. Natürlich gibt es immer Stärken und Schwächen eines Produktes, das wissen wir. Es liegen noch einige Ideen in der Schublade, und wir bekommen tolle Vorschläge für weitere Verbesserungen von Nutzenden, was uns echt begeistert. Das Schiff ,Trenux‘ durch den Sturm im letzten Jahr zu steuern, hat sehr viel Kraft und Ressourcen gekostet. Wir bleiben erstmal optimistisch und führen zurzeit interessante Gespräche über Perspektiven. Wenn sich da etwas für die Zukunft entwickelt, wird es sicher cool.

Die beiden Gründer von Trenux_Markus Rothkötter und Finn Süberkrüb (c) Trenux GmbH

Die beiden Gründer von Trenux: Markus Rothkötter (links) und Finn Süberkrüb (Foto: Trenux GmbH)

Welchen Stellenwert haben für euch kreative Ideen?

,Ideas are cheap‘ – aber dennoch sind sie die Basis, ohne die es keine Innovation geben kann. Man muss allerdings auch verstehen, dass Ideen allein nicht reichen. Eine Idee von vorne bis hinten umzusetzen, bedeutet harte Arbeit. Wenn man dazu bereit ist, dann sind kreative Ideen etwas wirklich Wunderbares.

Warum sollte man sich an Wettbewerben, wie BESTFORM, beteiligen?

An so einem Wettbewerb teilzunehmen bedeutet, sich genau zu überlegen, was die eigene Vision ist. Diese Vision muss man später auch Kunden und Investoren gegenüber zeigen. Wettbewerbe sind da eine super Bühne zur Übung. Man arbeitet auf einen Meilenstein hin. Egal, ob man gewinnt oder nicht – diese Erfahrungen und das Feedback bleiben. Für weitere Unternehmungen macht das Mut und trainiert ganz einfach. Wer gewinnt, bekommt eine großartige öffentliche Plattform und neue Ressourcen. Das großzügige Preisgeld hatten wir für zukünftige Projekte zur Seite gelegt, schlussendlich haben wir es in die Sicherstellung der Auslieferung investiert. Somit hat es erheblich dazu beigetragen, dass unsere Unterstützenden sich trotz Corona über ihre Anhänger freuen konnten – dafür sind wir sehr dankbar.

Der Landeswettbewerb – die neue Runde läuft

Noch bis zum 5. März 2021 können beim BESTFORM /// MEHR /// WERT /// Award für kreative Ideen, der deutschlandweit wohl einmalig ist, Beiträge eingereicht werden. Der erste Preis ist mit 10.000 Euro dotiert. Insgesamt werden 35.000 Euro ausgelobt.

Bewerben können sich Unternehmerinnen und Unternehmer, Selbstständige, Gründerinnen und Gründer sowie Projekte aus der Kultur- und Kreativwirtschaft und deren Schnittstellen zu anderen Branchen. Die Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt organisiert und koordiniert den Landeswettbewerb im Auftrag des Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung. Gesucht werden wieder neue Ideen und Konzepte, Produkte und Dienstleistungen. Im Mittelpunkt der fünften Runde stehen erneut Netzwerke, die zeigen, wie alle Branchen von der hiesigen Kultur- und Kreativwirtschaft profitieren können, und kreative Ideen, die das Potenzial haben, sich künftig am Markt zu behaupten – auch ohne eine Allianz können sich alle Kreativen im Land bewerben. 

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Autor:in: Manuela Bock