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Eine Person nimmt einem Tampon aus einem Periodenartikelspender (c) Hannah Theile Uni Magdeburg
28.08.2023 aus 
Campus + Stadt
Menstruationsprodukte for free

Die Bereitstellung von kostenfreien Menstruationsprodukten im öffentlichen Raum ist immer wieder Gegenstand von polarisierenden Debatten. Häufig wird über Notwendigkeit, Umsetzbarkeit und Finanzierung diskutiert. An der Uni Magdeburg startete am 1. Juli 2023 ein Pilotprojekt, dass mit der Installation von 10 Spendern für Periodenartikel ein klares Zeichen setzt. Aber warum ist das Thema so wichtig?

„Menstruation ist ein Thema, welches weltweit ca. die Hälfte der Bevölkerung betrifft. Allein an der Uni Magdeburg betrifft dies schätzungsweise 42% aller Studierenden. Für sie ist der Gebrauch von Hygieneprodukten während der Menstruation genauso allgegenwärtig wie der Gebrauch von Toilettenpapier Seifen, oder Papierhandtüchern“, erläutert Dr. Anne Teller, Referentin für Chancengleichheit und Diversität im Prorektorat für Forschung, Technologie & Chancengleichheit der Uni Magdeburg. Zudem setzt die Menstruation oft unerwartet ein, was auch den Alltag an der Uni beinträchtigen kann.

Ein weiteres Problem: Hygieneartikel kann sich nicht jeder leisten. Was für manche auf den ersten Blick nach geringfügigen Ausgaben aussieht, kann eine große finanzielle Belastung darstellen. Laut einer Umfrage der Kinderrechtsorganisation Plan International Deutschland haben ca. 25 % der menstruierenden Personen Schwierigkeiten, die regelmäßig notwendigen Tampons, Binden und Co. zu bezahlen. Das Phänomen, das auch als „period poverty“, zu Deutsch Periodenarmut, bezeichnet wird, zeigt, dass es nicht nur um Geschlechter- sondern auch um Chancengleichheit geht. „Jede menstruierende Person gibt im Laufe eines dreijährigen Bachelorstudiums im Schnitt 141 Euro für Menstruationsartikel aus. Das entspricht je nach Hochschulstandort in etwa einem weiteren Semesterbeitrag, den Menstruierende unfreiwillig leisten“.

Kostenlose Menstruationsartikel wären demnach eine Lösung für mehrere Probleme. Doch oftmals scheitert es nicht nur am Verständnis, sondern auch an der Umsetzung. Es besteht bislang keine gesetzliche Regelung für die Bereitstellung von kostenfreien Periodenprodukten im öffentlichen Raum. Das heißt, die Ausstattung müsste freiwillig erfolgen sowie eigens finanziert und organisiert werden. Hierfür bietet das Magdeburger Start-Up „Periodically“ eine Lösung. Bereits 2021 entwickeln die beiden Medizinstudierenden Katharina Weißig und Corvin Groß einen Spender für Periodenartikel, der alles Denkbare abdeckt. Die Kästen aus Edelstahl sind hygienisch, leicht nachzufüllen und benötigen keinen Strom. Bis zu 100 Tampons und 40 Binden finden hier problemlos Platz. Auf der Website des Unternehmens heißt es: „Unser Ziel ist es, kostenlose Menstruationsprodukte für alle frei zugänglich zu machen. Wir wollen Menstruierende unterstützen, die spontan Periodenprodukte benötigen. Weiterhin wollen wir Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit schaffen, Menstruierende unterstützen, die nicht ausreichend finanzielle Mittel haben und das Thema „Menstruation“ enttabuisieren sowie normalisieren“. Das Produkt erweist sich als ausgesprochen erfolgreich. So wurden die Studierenden für Ihre Entwicklung bereits als "Wegweiser in eine gleichberechtigte Zukunft" ausgezeichnet. Schon an 50 Universitäten & Hochschulen sind die praktischen Spender von Periodically vertreten, sowie in etlichen Schulen, Gemeinden und Unternehmen. Außerdem sollen mit einem Teil der Einnahmen Einrichtungen für Bedürftige unterstützt werden, wie z. B. Frauenhäuser oder Organisationen für Obdachlose.

Gruppenfoto Teller, Barbetzky, Fingerhut-Säck und Rücker mit Periodenartikelspender (c) privat

Dr. Anne Teller vom Prorektorat für Forschung, Technologie & Chancengleichheit, Dominik Florian Babetzky vom Studierendenrat, die zentrale Gleichstellungsbeauftragte Dr. Mareike Fingerhut-Säck und Gabriel Rücker vom Studierendenrat waren maßgeblich an der Initiierung der Spender beteiligt (von links nach rechts) Foto: privat

In dem sechs-monatigen Pilotprojekt der Uni Magdeburg sollen zunächst der Bedarf sowie zukünftige Kosten ermittelt werden. In Kooperation mit dem Rektorat für Forschung, Technologie und Chancengleichheit sowie der Gleichstellungsbeauftragten und Mitgliedern des Studierendenrats wurde das Anbringen von 10 Periodenartikelspendern ermöglicht. Diese sollen sich ab Ende Juli 2023 in den Hörsaalgebäuden 16, 22, 26, 40 und 44 sowie der Mensa und der Bibliothek auf dem Hauptcampus befinden. Im Gespräch ist das Projekt bereits seit 2021: „Wir freuen uns sehr, dass die Hochschulleitung die Studiereden bei diesem wichtigen Thema unterstützt und damit auch auf die Brisanz des Themas aufmerksam macht“, berichten die Periodically Gründer Katharina Weißig und Corvin Groß.

Somit geht die Uni einen weiteren Schritt in Richtung Chancengleichheit und Gleichberechtigung. Durch diese Maßnahme soll Studierenden der Aufenthalt an der Uni erleichtert und Barrieren durch die Menstruation vermindert werden. Indem die OVGU kostenlose Periodenprodukte anbietet, wurde ein ganz praktischer Ansatz gewählt, um der Periodenarmut entgegenzuwirken und soziale Ungerechtigkeit abzubauen.“ Der Zugang zu kostenlosen Menstruationsartikeln sei demnach eine konkrete Maßnahme zur Gleichstellung der Geschlechter sowie zur Verbesserung der mentalen Gesundheit und des Wohlbefindens der Studierenden – ein wichtiger Schritt in eine faire Zukunft.