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Auf einer Klimaschutzdemo wird ein Schild mit der Aufschrift Game over hochgehalten (Foto: Shutterstock / Firn)
23.03.2023 aus 
Forschung + Transfer
Ist den Deutschen Klimaschutz nicht wichtig genug?

Im Januar 2021 wurde der sogenannte CO2-Preis für die Bereiche Wärme und Verkehr in Deutschland eingeführt. Damit werden klimaschädliche Kraftstoffe wie Heizöl, Diesel und Benzin teurer. Die zusätzlichen Einnahmen sollen in die Umsetzung der Maßnahmen des Klimaschutzprogramms 2030 investiert werden, etwa für einen klimaschonenden Verkehr und energieeffiziente Gebäude. So viel zur Theorie, Fakt ist jedoch: Kaum einer von den Deutschen weiß überhaupt, dass dieser CO2-Preis eingeführt wurde. Grund dafür ist auch, dass er so gering ist, dass die Menschen ihn gar nicht bemerken. Und trotzdem und vielleicht auch deswegen wird der CO2-Preis von den Deutschen nicht akzeptiert. Zu diesem Ergebnis kommen Forschende vom Institut für Psychologie der Uni Magdeburg, die die Akzeptanz des CO2-Preises näher untersucht haben. Aber was genau kann man jetzt daraus schließen? Ist den Deutschen Klimaschutz unwichtig, oder braucht es einfach andere Anreize? Darüber spricht Ronja Gerdes im Interview.

Portrait Ronja Gerdes (c) Anna Friese Uni Magdeburg

Im Rahmen eines Forschungsprojektes haben Sie untersucht, wie der CO2-Preis bei den Deutschen und Österreicher*innen ankommt: Was war das Ergebnis?

Wir haben in vielen Studien gemeinsam mit unseren Projektpartner*innen herausgefunden, dass ein CO2 Preis generell schlecht ankommt. Und das Interessante daran ist, dass er überall schlecht ankommt, unabhängig davon, ob in Deutschland oder in Österreich, beziehungsweise ob auf dem Land oder in der Stadt. Und auch unabhängig davon, nach welchen CO2 Preisen wir die Menschen gefragt haben. In Österreich haben wir beispielsweise nach dem geplanten CO2 Preis gefragt. In Deutschland haben wir nach vielen verschiedenen hypothetischen CO2 Preisen gefragt, die dann unterschiedliche Preishöhen hatten. Also zum Beispiel nach dem CO2 Preis, den wir zu diesem Zeitpunkt in Deutschland hatten, also 25 € die Tonne oder auch nach einem sehr, sehr hohen CO2 Preis, wie 250 € die Tonne. Wir haben auch nach verschiedenen Arten gefragt, wie die Einnahmen verwendet werden könnten. Auch unabhängig von den Verwendungsarten ist die Akzeptanz eher niedrig, die grundsätzliche CO2 Preis Akzeptanz liegt immer konsequent bei 36 %. In Österreich lag sie etwas höher, Grund dafür ist wohl, dass den Österreicher*innen häufig Klimaschutz ein bisschen wichtiger ist. Aber die Unterschiede sind wirklich marginal. Wir kommen zu dem Ergebnis, auf Grundlage unserer Erkenntnisse, dass man den CO2 Preis nicht so ausgestalten kann, dass er für eine Mehrheit akzeptabel wird.

Zusammengefasst: Wie denken denn die Menschen in Deutschland und Österreich über den CO2-Preis?

Gedankenlesen kann ich nicht, deshalb kann ich nur sagen, dass es den Leuten schwerfällt zu sagen, dass sie einen CO2 Preis gut finden. Viele finden den CO2 Preis eher nicht gut. Es gibt andere Klimaschutzmaßnahmen, die die Menschen besser finden, das ist auch in anderen Forschungsergebnissen ziemlich gut belegt. Also zum Beispiel Maßnahmen, die nicht so wehtun, wie Subventionen für die Anschaffung von Elektroautos oder Photovoltaikanlagen. Die meisten finden auch Maßnahmen, wie die Abschaffung der Massentierhaltung, gut. Ich glaube, weil Tierleid ein Thema ist, das viele Menschen emotional betrifft. Somit ist die Akzeptanz einfach höher, etwas dagegen zu tun. Bei CO2 Preisen ist das eher nicht so.

Viele Menschen wussten nicht einmal, dass es einen CO2-Preis gibt. Woran liegt das?

Ich glaube, dass es im Wesentlichen zwei Gründe dafür gibt. Der erste ist die Motivation, sich mit dem Thema überhaupt zu beschäftigen. Man muss nach Informationen suchen. Und der andere Grund ist, wie der CO2 Preis überhaupt ausgestaltet ist. Um erstmal über den ersten Grund zu sprechen: Um Wissen über ein Klimaschutz-Thema, wie dem CO2 Preis zu erlangen, muss man meist aktiv nach Informationen suchen. Wer keine Nachrichten liest, wer nicht die Tagesschau schaut, wer sich nicht über Klimaschutz-Themen informiert, der wird nichts darüber erfahren. Und ob Menschen sich darüber informieren oder nicht, das hängt häufig von ihrer Motivation ab, die Umwelt zu schützen. Also Leute, die motiviert sind und sich für Umweltschutz interessieren, informieren sich über solche Themen. Sie googlen was beim Klimaschutz in Deutschland gerade passiert oder sie stellen sich Benachrichtigungen auf ihrem Handy ein, um informiert zu werden, wenn es Neuigkeiten im Klimaschutz-Bereich in Deutschland gibt.

Menschen, die das nicht interessiert, suchen diese Informationen nicht und sie merken es sich auch nicht. Selbst wenn man es vielleicht in der Tagesschau gesehen hat, dann hat man es auch schnell wieder vergessen, weil es einem persönlich einfach nicht so wichtig ist. Das sehen wir auch in unseren Studien. Das Wissen, das Leute über CO2 Bepreisung haben, bevor wir ihnen etwas darüber erzählt haben im Rahmen unserer Befragung, hängt sehr stark zusammen mit ihrer CO2 Preis-Akzeptanz und auch mit ihrer Klimaschutz-Motivation. Eben weil die Klimaschutz-Motivation beides antreibt, sowohl die CO2 Preis-Akzeptanz als auch den Wissenserwerb über Klimaschutz-Instrumente. Generell wussten im Jahr 2021 nur 35% der von uns befragten Deutschen, dass es schon einen CO2 Preis gab und es auch heute noch gibt.

Ein weiterer Grund ist: Man merkt den CO2 Preis überhaupt nicht. Der CO2 Preis wurde sehr niedrig angesetzt und sollte eigentlich jährlich steigen. Das wurde aktuell bei 30 € pro Tonne pausiert, wegen der Energiekrise. Und man muss ehrlich sein, dass es wirklich ein sehr niedriger Preis ist. Er ändert fast nichts an den Preisen, die man zum Beispiel für Diesel und Benzin zahlt. Und wir merken jetzt, im Zuge der Energiekrise, dass es Preise gibt, die sehr viel spürbarer in unserem Alltag sind, alle Menschen bemerken die Preiserhöhungen. Es gibt viel mehr Menschen, die wissen, dass es gestiegene Preise durch die Energiekrise gibt, als Menschen, die wissen, dass einen CO2 Preis gibt. Das liegt daran, dass die Verteuerung durch den CO2 Preis nicht so hoch ist, dass wir sie im Alltag zu spüren bekommen. Und ich glaube das ist politisch auch so gewollt, dass man den CO2 Preis eigentlich nicht bemerkt.

Wofür werden denn im Moment die Mehreinnahmen durch den CO2 Preis ausgegeben und warum erfährt man darüber so wenig?

Die Mehreinnahmen des CO2 Preises gehen, soweit ich weiß, an das Bundesfinanzministerium und das finanziert daraus die Energiewende und Entlastung für die Bürger*innen, zum Beispiel die Erhöhung der Pendlerpauschale, ein sehr umstrittener Bereich. Aber man unterstützt auch Bürger*innen bei der Sanierung von Häusern und Wohnungen und bei dem Einbau von neuen Heizungen. Die Mehrwertsteuer auf Bahntickets wurde gesenkt und das Schienennetz soll gefördert werden. Und außerdem gab es die Senkung der EEG Umlage für Privatpersonen. Man erfährt darüber so wenig, weil man es nicht wirklich zu spüren bekommt. Es ist eine relativ intransparente Art, die Einnahmen zu verwenden. Also niemand bekommt die Information: Diese Menge Mehreinnahmen wurde jetzt so und so verwendet. Es gibt Rückverteilungen in anderen Ländern, zum Beispiel in der Schweiz oder auch in Österreich, wo das ganz anders ist, wo die Leute merken, dass sie etwas zurückbekommen und somit zumindest ein Teil der Einnahmen einfach direkt an Bürger*innen ausgezahlt wird.

Die deutsche Bundesregierung denkt darüber nach, mit dem Klimageld. Das scheint aber verwaltungsmäßig so schwierig zu sein, dass es bisher nicht umgesetzt wurde. Mal gucken, ob es kommt. Wir haben gesehen, bei der Energiepreispauschale für Studierende, wie kompliziert es werden kann. In der Schweiz und Österreich merkt man viel eher und direkter, wie die Einnahmen verwendet werden. Und das hat auch viele Vorteile, weil Leute, die dann schon sehr viele CO2 Emissionen sparen, gewinnen vielleicht sogar Geld durch den CO2 Preis, während Leute, die viele CO2 Emissionen ausstoßen, immer draufzahlen, weil sie nie wieder reinbekommen, was sie eigentlich bezahlt haben an CO2 Preisen.

Die Akzeptanz ist im Moment also nicht sonderlich hoch. Lässt sich dadurch darauf schließen, dass die Menschen der Klimaschutz einfach nicht wichtig genug ist?

Das ist die entscheidende Frage und das klingt natürlich am Anfang etwas harsch. Ich glaube, dass wir hier ganz viel Verständnis füreinander aufbringen müssen, weil Klimaschutz nicht für alle Menschen ein wichtiges Ziel ist. Viele Leute haben einfach anderes zu tun in ihrem Leben. Wenn Menschen sagen, dass sie eine politische Maßnahme akzeptieren, überlegen sie sich, was diese Maßnahme für sie und ihren Alltag bedeutet. Und der CO2 Preis kann sehr ungemütlich sein. Wenn zum Beispiel, das merken wir jetzt mit steigenden Energiepreisen, der Sprit so teuer ist, dass ich mir überlegen muss, ob ich meine Verwandtschaft in 300 Kilometern besuchen will. Oder ob ich vielleicht lieber einen extra Pullover anziehe, anstatt zu heizen. Und das ist Verhalten, das ganz anders ist als das, was wir häufig gewohnt sind. Sich dann plötzlich diese Gedanken zu machen und das Verhalten vielleicht auch zu ändern, das ist unbequem. Und Menschen, denen Klimaschutz wichtig ist, machen das bereitwillig, sie haben das vielleicht auch vorher schon gemacht. Deshalb betrifft es sie nicht so stark, oder deshalb ist es für sie einfacher zu sagen: Ah ja, okay, das ist jetzt wichtig, für Klimaschutz mache ich es. Ich werde mein Verhalten anpassen. Und andere Leute sagen: Ja, aber ich habe ein anderes Ziel oder mir ist es wichtiger, dass es warm ist. Oder ich möchte aber meine Familie besuchen. Was ja auch legitim ist. Aber das ist im Prinzip das, woran es scheitert: Wenn die Bevölkerung sagt, dass die Belastungen zu hoch sind, als dass sie es für den Klimaschutz wert wären.

Es gibt natürlich noch andere Möglichkeiten, wie man sich anpassen kann. Diese Möglichkeiten haben aber viele Leute nicht. Nämlich so etwas wie das Haus zu sanieren oder eine Wärmepumpe anzuschaffen und so weiter.

Menschen, denen Klimaschutz wichtig ist, würden auch eher hohe CO2 Preise akzeptieren. Was ist aber dann mit Menschen, denen Klimaschutz nicht wichtig ist? Vielleicht auch, weil sie es sich gar nicht leisten können. Anders gefragt: Ist die Akzeptanz des CO2 Preises oder die Wichtigkeit von Klimaschutz für die Person nicht auch eine Frage des sozialen Status?

Wir müssen zwei Dinge auseinanderhalten, nämlich die Klimaschutzmotivation und die Belastungen, die durch Klimaschutzverhalten entstehen. Das sind zwei verschiedene Dinge. Eine hohe oder niedrige Klimaschutzmotivation findet sich in allen Bevölkerungsschichten, also bei alten Leuten, bei jungen Leuten, bei Männern und bei Frauen, bei Leuten mit einem hohen Einkommen, bei einem geringen Einkommen, bei Leuten, die auf dem Land leben oder in der Stadt. All diese Menschen können eine hohe oder niedrige Klimaschutzmotivation haben. Klimaschutzmotivation heißt, dass es ihnen wichtig ist, das Klima zu schützen und dass sie schon viel dafür tun. Auf der anderen Seite gibt es immer die Belastung, die durch so ein Klimaschutzverhalten entsteht. Also zum Beispiel, wenn ich mit dem Fahrrad zur Arbeit pendeln will, dann ist das irgendwie belastend. Wenn es zum Beispiel regnet und es kostet mehr Zeit und ich kann nicht so viele Sachen mitnehmen, all das ist anstrengend. Das sind Belastungen, die mit Klimaschutzverhalten einhergehen. Und diese Belastung hängt nicht von der Motivation ab. Es ist für alle Leute gleich anstrengend, mit einem Fahrrad einen Berg hinauf zu fahren, während es regnet, egal wie wichtig ihnen Klimaschutz ist.

Und auf der anderen Seite kann es sein, dass die Belastungen variieren zwischen den Personen. Zum Beispiel Wärmepumpen oder die Sanierung von Gebäuden, das betrifft eigentlich nur Leute, die ein Eigenheim besitzen. Menschen, die mieten, können so etwas überhaupt nicht entscheiden. Und das Problem ist, dass diese Menschen dann den CO2 Preis bezahlen, aber sich nicht entscheiden können, zum Beispiel ihr Haus zu sanieren oder Wärmepumpen zu nutzen, um weniger zu zahlen. Das heißt in diesem Sinne sind Mieter*innen stärker belastet als Menschen, die ein Eigenheim besitzen.

Außerdem haben wir uns auch im Rahmen des Projektes angeschaut, ob es einen Unterschied gibt zwischen Menschen, die in der Stadt oder auf dem Land wohnen. Denn Menschen, die auf dem Land wohnen, leben häufiger in einem Eigenheim. Das heißt, sie haben die Möglichkeiten ihr Haus zu sanieren oder Wärmepumpen zu nutzen. Aber diese Eigenheime sind auch schwerer zu beheizen als Mehrfamilienhäuser. Man hat auf dem Land häufig mehr Ausgaben, man muss häufig weitere Strecken mit dem Auto pendeln, da es nicht so viele Möglichkeiten gibt auf den ÖPNV umzusteigen. Hier kann es sein, dass die Belastungen zwischen verschiedenen Personengruppen variieren und das ist natürlich problematisch. Das hat allerdings nichts mit der Klimaschutzmotivation zu tun. Es kann also sein, dass eine Person, die auf dem Land lebt und die gleichen Klimaschutzmotivation wie eine Person, die in der Stadt lebt, hat, einfach trotzdem eine geringere Wahrscheinlichkeit hat den CO2 Preis zu akzeptieren, weil ihre Belastung viel höher ist, als die von einer Person in der Stadt.

Was könnte man denn noch alles mit einem CO2 Preis belegen? Gäbe es Bereiche die mehr akzeptiert würden als die Kosten für das geliebte Auto?

Ich glaube, dass das Auto eigentlich nicht der springende Punkt ist. In Deutschland und Europa sind sehr viele Sektoren schon mit einem CO2 Preis belegt, im europäischen Emissionshandel zum Beispiel der europäische Luftverkehr oder die energieintensiven Industrien und die Strom- und Wärmeerzeugung. Und in Deutschland gibt es seit 2021 den CO2 Preis für Straßenverkehr und Gebäudewärme. Ich glaube nicht, dass es mit der Akzeptanz schwierig ist, weil es um das Auto geht. Wir sehen jetzt im Bereich Heizen, also Gebäudewärme, dass hier auch sehr hohe Belastungen entstehen können, die einfach inakzeptabel sind. Wir denken, dass die Leute von Natur aus skeptisch sind gegenüber neuen Steuern. Es ist also ein großes Problem, dass der CO2 Preis das Label „Steuer“ trägt. Das gibt immer den Eindruck, dass der Staat sich Geld einsteckt und das, weil wir CO2 Emissionen verbrauchen, müssen ja auch, denn häufig sind die Alternativen noch gar nicht da. Also wenn der ÖPNV auf dem Land noch nicht da ist, ist die Frage: Welche Alternativen habe ich überhaupt, anstatt einfach mehr zu bezahlen? Und das ist schwierig. Deshalb glaube ich, dass Mobilität vielleicht das große Problem hat, dass es noch so viel schwieriger ist, an alternative Verhaltensweisen zu kommen, weil viele Leute den Eindruck haben, sie sind auf das Auto angewiesen. Oder weil zum Beispiel Bahnfahren gar nicht günstiger ist, sondern häufig doch sehr viel teurer. Eigentlich müssen hier die Alternativen geschaffen werden, damit man sein Verhalten auch wirklich ändern kann. Nur dann wirkt ein CO2 Preis.

Ist denn aus psychologischer Sicht eine CO2 Bepreisung wirklich sinnvoll, um den Menschen zum Beispiel zu mehr Klimaschutz zu motivieren?

Aus psychologischer Sicht finde ich den CO2 Preis cool, denn er ist ein Verhaltensinstrument. Natürlich nicht nur für Privatpersonen, sondern auch für die Industrie, damit diese zum Beispiel schon mal ihre Produktionen ändern und nur noch Elektroautos herstellen oder erneuerbare Energien erzeugen, weil der Rest auf absehbare Zeit viel zu teuer wird. Aber für Privatpersonen ist der CO2 Preis aus psychologischer Sicht spannend, weil es ein Instrument ist, das sagt: Okay, wir haben hier Verhaltensweisen, die bisher relativ günstig waren, weil sie stark subventioniert sind. Verhaltensweisen, die aber auch sehr viel CO2 Emissionen erzeugen, wie zum Beispiel mit dem Auto fahren oder mit Gas oder Öl heizen. Und das wird einfach viel teurer. Im Prinzip können Privatpersonen jetzt die Entscheidung treffen. Entweder ich behalte mein Verhalten bei, aber zahle viel mehr Geld dafür. Oder ich ändere mein Verhalten und spare das Geld. Das heißt, man setzt Anreize, damit die Menschen ihr Verhalten ändern. Sinnvoll ist dabei natürlich nicht, wenn man den CO2 Preis überhaupt nicht merkt, denn dann werden die Leute ihr Verhalten nicht ändern. Und die Frage nach der Akzeptanz ist natürlich dann noch eine ganz andere. Ich glaube, das ist auch eine moralische Frage, ob man Menschen da rein zwingen möchte, wenn sie eigentlich klar zu verstehen gegeben haben, dass sie das nicht wollen. Und aus demokratischer Sicht gibt es darauf eine eindeutige Antwort.

Was müsste passieren, damit der CO2 Preis akzeptiert wird?

Also ehrlich gesagt, glaube ich, dass der CO2 Preis nicht wirklich zu retten ist, in Bezug auf die Akzeptanz. Wir haben gesehen, dass, egal wie wir den CO2 Preis ausgestalten, selbst wenn wir den Preis sehr niedrig ansetzen, wir immer noch keine Mehrheiten dafür finden. Selbst wenn wir eine Einnahmeverwendung implementieren, die Leute richtig gut finden, gibt es keine Mehrheit. Es gibt zwei Hebel: Entweder wir reduzieren die Belastung durch den CO2 Preis, das ist in Deutschland passiert, heißt: Wir haben den CO2 Preis schön niedrig angesetzt, damit auch die Akzeptanz eingangs erstmal da ist. Er soll ja später steigen. Das Problem ist, dass er trotzdem dieses Label „Steuer“ trägt und dass die Leute ihn deshalb trotzdem nicht gut finden, obwohl sie ihn nicht bemerken. Man kann eigentlich deshalb politisch nur hoffen, dass die Leute ihn nicht bemerken und er einfach so still und leise weiter existieren darf. Aber das ist überhaupt nicht sinnvoll.

Oder und das ist die andere Möglichkeit: Die Klimaschutzmotivation in der Bevölkerung steigt. Also eine größere Masse in der Bevölkerung sagt, dass ihnen Klimaschutz so wichtig ist, dass sie bereit sind, alles auf sich zu nehmen und vielleicht auch noch andere Dinge voranzutreiben. Zum Beispiel sich dafür einsetzen, dass das Mehrfamilienhaus zu saniert wird oder dass es einfach mehr Möglichkeiten gibt, zum Beispiel Bahnfahren wunderbar günstig wird. Das 9 € Ticket war ein super Vorstoß. Aber dass wir als Gesellschaft uns dafür entscheiden gemeinsam daran zu arbeiten und dass viele Menschen motiviert sind sich zu organisieren und Opfer zu bringen, weil Klimaschutz für sie wichtig ist. Aktuell gibt es diese Mehrheiten nicht.

Das Problem daran ist, dass die Klimaschutzmotivation sehr, sehr stabil ist. Man kann beobachten, wie sie im Verlauf der letzten Jahrzehnte nur sehr, sehr langsam angestiegen ist und es ist nicht absehbar, dass das in nächster Zeit zu irgendwelchen Mehrheiten führt. Das heißt, im Prinzip braucht man hier Interventionen. Mir ist aber nicht bekannt, welche Interventionen man vor allem auf einer so großen Skala durchführen könnte, um Leute dazu zu bewegen, dass sie sagen: Ja, Klimaschutz ist für mich eines der wichtigsten Themen in meinem Leben. Und ich sage das nicht nur, sondern ich tue auch was dafür. Das sind quasi die beiden Stellen, an denen es hakt. Also die Belastung durch den CO2 Preis, vor allem durch das Label als Steuer und der aktuelle Stand der Klimaschutzmotivation in der Bevölkerung.

Heraus kam auch, dass es kaum regionale Unterschiede gibt. Was heißt das denn genau und warum war das überraschend?

Ich hatte vorhin Stadt und Land schon einmal angesprochen. Es kann sein, dass verschiedene Bevölkerungsgruppen dadurch, wo sie sich aufhalten, wie viel Einkommen sie haben oder durch andere Merkmale, unterschiedlich stark belastet werden. Und das würde dazu führen, dass die Akzeptanz unterschiedlich in diesen Gruppen wäre. Deshalb haben wir uns vier Fokusregionen in Deutschland angeschaut, nämlich städtische Regionen und ländliche Regionen und Regionen, die vom Strukturwandel betroffen sind und Regionen, die nicht betroffen sind. Die Regionen waren München und Oberbayern und Berlin und Brandenburg.

Wir haben erwartet, dass es für Menschen, die auf dem Land leben, schwieriger ist einen CO2 Preis zu akzeptieren, weil sie zum Beispiel längere Pendelwege zurücklegen müssen oder generell einen schlechteren ÖPNV haben oder mehr fürs Heizen ausgeben. Wir haben auch erwartet, dass das in Regionen, die sich noch wandeln müssen und wo die Infrastruktur noch nicht so gut ist, auch schwieriger ist. Allerdings haben wir gesehen, dass es eigentlich kaum einen Unterschied macht. Obwohl die Regionen sehr unterschiedlich sind, allein was das Einkommen angeht, sieht man deutlich, dass es nicht zu unterschiedlich starken Belastungen führt. Also nicht so deutlich, dass man nochmal nachsteuern müsste.

Wir haben auch Deutschland und Österreich miteinander verglichen. Auch da gibt es eigentlich keine Unterschiede. Das heißt die CO2 Preis Akzeptanz ist sehr stabil über ganz viele Regionen hinweg, was natürlich auch interessant ist.

Die Frage nach Ende des Projektes und mit den gewonnenen Erkenntnissen was würden Sie denn der Politik empfehlen, was den CO2 Preis angeht?

Ich glaube für den CO2 Preis gibt es nicht so viel Hoffnung. Wir untersuchen im Moment nochmal in Österreich, wie die Akzeptanz vor der Implementierung des CO2 Preises war, der kam im Oktober 22, und wie die Akzeptanz jetzt nach der Einführung ist. Im Prinzip glaube ich aber, dass das größte Problem ist, dass wir uns als Gesellschaft noch nicht so einig sind, was wir eigentlich zu tun bereit sind für Klimaschutz. Und es heißt immer: Ja, aber wir müssen Klimaschutz machen, weil die Alternativen sind vielleicht schrecklich und außerdem hat Deutschland sich ja verpflichtet, die Klimaschutzziele einzuhalten. Und ich frage mich dann immer: Hat sich denn die deutsche Bevölkerung dazu verpflichtet die Klimaschutzziele einzuhalten? Sind wir uns denn überhaupt als Gesellschaft einig, dass die Klimaschutzziele wichtig sind? Ich glaube fast, das sind wir, vielleicht. Ich glaube, es wäre richtig gut einfach mal nachzufragen. Und ich meine nicht in einer Umfrage oder einer psychologischen Studie, sondern vielleicht eher in einem Volksentscheid. Ich glaube, es wäre ein schönes Projekt, wahnsinnig cool eigentlich, wenn wir uns als Gesellschaft gegenseitig versprechen würden, die Klimaschutzziele finden wir sinnvoll und gut und wir sind bereit, etwas dafür zu tun.

Und wenn man sich dann mehrheitlich darauf geeinigt hätte, nicht nur die Politik hat da einen Vertrag unterschrieben oder die Industrie hat sich irgendwie auch verpflichtet, sondern die Bevölkerung hat gesagt, mehrheitlich, wir sind bereit, es durchzuziehen und wir wollen die Klimaschutzziele einhalten und wir versprechen es uns gegenseitig und versprechen es anderen Menschen auf der Welt und wenn wir diesen gemeinschaftlichen Ansatz gefunden hätten, dann wäre es vielleicht möglich, dass wir tatsächlich etwas tun für Klimaschutz und nicht nur sagen, dass es wichtig wäre. Das fände ich total schön, persönlich.